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Lieselei: Mehr Gemeinwohl (1/2)

Es gibt viele Bereiche und Abschnitte im Leben, in denen Grundlagen gelegt werden (können) für eine Gesellschaft, die sich weniger an individuellen Interessen, sondern mehr am gemeinsamen Wohl orientiert. Was gibt es für spannende Ansätze, was könnte ausprobiert werden? Darüber schreibt Christoph Gukelberger in der aktuellen Ausgabe der Lieselei.

04/2021 – Mehr Gemeinwohl (1/2): Früh übt sich?

In letzter Zeit treibt mich immer wieder der Gedanke um, was wir in unserer Gesellschaft konkret ändern könnten, um das Gemeinwohl stärker in den Mittelpunkt zu rücken. Es gibt so viele Bereiche und Abschnitte in unserem Leben, in denen Grundlagen gelegt werden (können) für eine Gesellschaft, die sich weniger an individuellen Interessen, sondern mehr am gemeinsamen Wohl orientiert. Was könnten wir vielleicht ausprobieren? Wo gibt es spannende Ansätze, die wir in den Blick nehmen sollten? Wenn ich jetzt direkt loslegen könnte, was würde mir dazu einfallen…

Bereits bei den Kleinen anfangen

Schon in der Grundschule würde ich das Thema Sozial-Kompetenz viel stärker ins Zentrum des Lernens stellen, um frühzeitig den Wert und die Relevanz sozialen Handelns zu vermitteln. Dies natürlich nicht nur theoretisch, sondern in Form von konkreten Projekten, bei denen Nächstenliebe oder Respekt vor Älteren und Bedürftigen für die Kinder erfahrbar werden: Gemeinsame Besuche in umliegenden Pflegeeinrichtungen oder Projekte mit Behindertenwerkstätten zum Beispiel. All diese Begegnungen können dabei helfen, Verständnis und Empathie bei den Kindern zu stärken und diese Bereiche von Anfang an weiter in die Mitte unserer Gesellschaft und unseres Alltags zu rücken.

Anbieten nicht Aufzwingen

Bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen würde ich die Themen Nachhaltigkeit und Klima als fächerübergreifende Klammer nicht nur bei den Naturwissenschaften in den weiterführenden Schulen einführen. Alles Handeln und Lernen ist nichts wert, wenn wir uns weiterhin sehenden Auges selbst die Grundlage nehmen, diese Erde auch für die nächsten Generationen bewohnbar zu halten.
Wir brauchen kreative Lösungen und Kreativität entsteht dadurch, dass man Fragestellungen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet und die Ansichten diskutiert. Wir müssen Kindern und Heranwachsenden genau diese Rahmenbedingungen in der Schule geben. Daher sollten wir in der Schule vielfältige wissenschaftliche, wirtschaftliche und soziale Lösungen aufzeigen, mehr erfahrene Menschen aus dem außerschulischen Bereich einladen und eine offene Diskussionskultur anbieten. Interdisziplinarität, kulturelle Unterschiede und konträre wissenschaftliche wie ökonomische Ansätze müssen erfahrbar werden. Der Hauptfokus sollte auf Interaktion liegen, nicht auf der Präsentation fertiger Lösungen, die, sind wir mal ehrlich, niemand wirklich hat.

Mehr spielerische & kreative Ansätze

Es gibt sicherlich viele gute Beispiele, die zeigen, dass es möglich ist, in diese Richtung etwas zu ändern. Ein für mich sehr faszinierender Ansatz, der viele dieser Aspekte zusammenbringt, ist das „World Peace Game“. Der Erfinder John Hunter hat bereits 2011 spannende Einblicke dazu in einem TED-Talk gegeben: Schüler spielen die komplexen Abläufe in unserer Welt nach – mit dem Ziel, die Herausforderungen der heutigen Zeit als Gesellschaft zu meistern und den Frieden zwischen den Staaten trotz aller externen Einflüsse zu wahren. Es gibt Staaten, Premierminister, Kabinette, eine Weltbank, die Vereinten Nationen, aber eben auch Waffenhändler oder eine Wettergöttin, die das Wetter bestimmt. Dazu kommen Problemstellungen ins Spiel, die eine komplexe Matrix von miteinander verbundenen Folgeproblemen hervorrufen, mit denen die Kinder konfrontiert werden und für die sie in Verhandlungen und Dialogen Lösungen erarbeiten müssen.

Es begeistert mich zu hören, mit wie viel Kreativität, Engagement und Freude die Kinder die Herausforderungen meistern. Genau diese Fähigkeit, sich mit aktuellen und zukünftigen Herausforderungen auseinandersetzen zu können, brauchen wir in unserer Gesellschaft. Nur so können wir Lösungen entwickeln, die uns nicht von profit-orientierten Unternehmen vorgesetzt werden, sondern die im Kern ihren Ursprung aus der Mitte der Gesellschaft haben. Und die Weichen dafür sollten wir so früh wie möglich stellen.

Durch meine Arbeit in einem sozialen Unternehmen im Pflegebereich und mein langjähriges Engagement für die Digitalisierung der Sozialwirtschaft mache ich mir viele Gedanken über Befähigung, Kompetenzerwerb und soziales Handeln und sehe darin zentrale Themen. Diese sind ohne Bildung nicht zu denken. Bildung kann theoretisch passieren, aber sie muss auch im Machen und Erfahren passieren. Bildung ist Befähigung – zur Mitgestaltung, zur Veränderung und zu kritischem Denken. Es gibt wenig Wichtigeres!

Die oben genannten Ansätze sind nur ein Anfang und es gibt viele weitere, über die es sich lohnt nachzudenken. Daher wird es zu dieser Ausgabe der Lieselei noch einen zweiten Teil im Mai geben.

Bleiben Sie im Dialog!
Herzlichst
Ihr Christoph Gukelberger

Zur vorherigen Lieselei: 03/2021 – Digital und nachhaltig

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